[Strophe 1]
Es ist gleichzeitig das Schönste und Schlimmste auf dieser Welt jemanden zu sehen wie er sich selbst nicht sehen kann. Hier sieht der Protagonist jemanden in all seinen Farben, seiner Schönheit und seinem Licht. Er beschreibt diese Person als Einzigartig, als Wichtig und als Stern. Dennoch implizieren die Worte “alleine fliegen” und “Herz ist ausser betrieb”, dass dieser Mensch wohl tatsächlich in einem Schwarz gefangen ist, in sich selbst gefangen ist und das Etwas absolut nicht in Ordnung ist. Man könnte auch so weit gehen und sagen, dass der Beschriebene nicht fähig ist auszubrechen da er sich der Realität gar nicht zu stellen vermag- denn er “will es nicht hören”, also nicht wahrnehmen, nicht realisieren und demnach auch nicht darüber hinauswachsen und erkennen, dass er wahrscheinlich ein besseres Leben haben könnte wenn er sich dessen Bewusst wäre, dass er all diese Schönheit an sich selbst, welche er nicht sehen kann, entdecken könnte und danach frei geliebt wird, weil er ist wie er ist und nicht weil er vorgibt Etwas zu sein, das er nicht ist. Er hat viele Freunde, kann aber nicht vertrauen was Rückschlüsse zulässt auf Schwierigkeiten und Vorfälle in der Vergangenheit, die zu einem allgemeinen Misstrauen gegenüber Menschen schließen lässt- andererseits könnte dies auch daran liegen, dass die Person zu wenig Selbstvertrauen hat ebenfalls ausgelöst durch Situationen in der Vergangenheit.
Man bekommt ein sehr beengendes Gefühl beim Zuhören, die Stimme von Adel Tawil scheint gleichzeitig hämmernd im Kopf und doch zerbrechlich, betont bewusst einzelne Worte und Phrasen und gibt einem das Gefühl, dass auch er leidet. Unfähigkeit Freunden oder besonderen Menschen im Umfeld helfen zu können schreit aus seinem Gesang und packt sowohl die Personen, die sich mit dem Protagonisten (Sänger) identifizieren wie auch gleichermaßen die Personen, welche sich von dem Menschen, der beschrieben wird, angesprochen fühlen.
Und dennoch am Ende dieser Strophe bekommt man Hoffnung, denn obwohl die Person, die besungen wird, niemandem vertraut scheint es so als wird für ihn gekämpft, als möchte man ihn aufrütteln, als würde Adel Tawil persönlich vor ihm stehen und als einzig wahrer Freund ihm in die Augen, in die Seele sehen und sagen, dass er eben nicht alleine ist, dass er so wie er ist wunderschön ist, dass er aus dem Dunkeln und Schwarz heraustreten soll und das Leben kosten und spüren soll. Zusammen als Team, Hand in Hand, mit einem wahren Freund an der Seite, dem er zu 100% Vertrauen entgegen bringen kann.
Die Aufforderung sich fallen und gehen zu lassen und quasi blind zu vertrauen wäre an sich recht anmassend- dennoch muss man sagen, dass die Art wie Melodie, Song Aufbau und Stimme auf den Hörenden einwirken gibt es einem ein völlig anderes Gefühl. Es fühlt sich an als würden beide an einer Klippe entlang laufen, als wäre beiden klar wie viel sie einander abfordern und als wäre es logisch, dass beide noch einen langen Weg vor sich haben bis sie sich gegenseitig retten können und dennoch wissen beide, dass eine Rettung möglich und beinahe greifbar ist. Die Wertigkeit in diesen Zeilen ist enorm- 5 Zeilen, die ansprechen was in jedem von uns schlummern würde. 5 Zeilen voller Liebe gesprochen, voller Nähe, voller Wärme ohne Angst oder Zweifel. Derjenige, welcher solche Worte für einen anderen spricht, erscheint wie ein Engel gehüllt in warmes Licht- bereit sein eigenes Leben aufzugeben um dem anderen zu helfen, zur Seite zu stehen und in jeder Hinsicht sich aufzuopfern für das Wohlbefinden des anderen, für dessen Fröhlichkeit, für dessen Liebe- denn er weiss all das steckt in dieser Person und er weiss all das könnte er wecken bzw wieder erwecken wenn er durchhält und dem anderen klar macht wie Schön, Besonders und Einzigartig dessen Persönlichkeit und Seele ist.
[Bridge]
In diesem Teil ist der Schmerz beider Seiten fast schon spürbar- die Intonation im Gesang ist beinahe Markerschütternd und löst das Aufstellen der Haare auf dem Arm aus. Man kann förmlich den Kampf spüren, der innerlich ausgefochten wird. Die Verzweiflung kämpft mit der Hoffnung, die Überzeugung mit der Ohnmacht dieser Aufgabe vielleicht nicht gewachsen zu sein, die Ruhe kämpft mit dem Drang es Herausschreien zu wollen, das Glauben an den Anderen und an sich selbst dieser Aufgabe gewachsen zu sein kämpft mit der ganz leicht im Hintergrund angedeuteten Angst zu versagen, den anderen zu verlieren oder sich selbst nicht mehr retten zu können. Intensiviert wird dieser Teil des Songs durch das Aussetzen des Hintergrunds- anstatt dem “Ba Da Da Da” von Adel welches Herzschlag oder Atmung darstellen könnte bekommt das Lied plötzlich eine Ruhe, die es die gesamte Zeit davor nicht hatte. In diesem einen Teil lässt er also lediglich sich selbst noch einmal sprechen, richtet quasi einen Appell an die andere Person, möchte ihr noch einmal die Sicherheit geben, versprechen und schon fast real greifbares Vertrauen herstellen- gleichzeitig wird mit dem gesprochenen Part von Adel Verständnis geschaffen was seine Beweggründe sind diesen Kampf gemeinsam mit der geliebten Person ausfechten zu wollen. Ob dies bei dem anderen ankommt oder nicht kommt nicht eindeutig hervor: Er könnte es einerseits nur durch seine Augen sagen, er könnte es aussprechen aber derjenige ist gar nicht mehr fähig, dass er dies an sich heranlassen oder verstehen würde oder könnte, oder Adel denkt sich diese Argumentationen gar nicht mehr sondern ist sich deren bewusst und sie schwingen nur unterschwellig aus seinen Worten mit, die er mit Wärme, Liebe, Freundschaft und Güte singt. Außerdem geben die gesprochenen Sätze einem das Gefühl, dass sie ebenso Zuspruch wie eigene Ermutigung für den Helfenden darstellen nicht den Halt zu verlieren und nicht zu vergessen wieso man soviel in Kauf nimmt für den anderen und dass man tatsächlich Hilfe bewirken kann, dass man erreichen kann, dass derjenige welcher Hilfe braucht eines Tages genau dieselben Dinge an sich beginnt wahrzunehmen, zu sehen, zu schätzen. Bei der Umsetzung im Video bekommt man allerdings eindeutig das Gefühl, dass alleine schon durch das Teilen mit der Menge, dieser Song eine ganz besondere Bedeutung hat. Denn im Videoclip steht das Lied meiner Meinung nach unter einem ganz speziellen Licht- es hat nicht mehr puren Kampf und pure Verzweiflung und Anstrengung als musikalische Aussage. Durch die Bilder, durch den Auftritt und durch das schnellere Abspielen der Bilder bekommt man das Gefühl, dass alles gut ausgegangen ist, dass das Lied nun nurmehr anderen Hilfen soll, Sichtweisen des auf der einen Seite Verlorenen und auf der anderen Seite Helfenden aufzeigen soll. Und dass Adel sehr klar ist wie viel Menschen er durch diesen Song wahrscheinlich geholfen hat sich selbst verstanden zu fühlen, andere besser verstehen zu können und vielleicht sogar sehr viele Freundschaften und sehr viel Liebe gerettet zu haben.
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